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Warten

Warten Es war schon ein seltsames Gefühl, so Stunde um Stunde herumsitzen zu müssen, ohne etwas tun zu können. Dieses hilflose Ausgeliefert sein an andere Menschen. Und das Schicksal nicht mehr in eigenen Händen halten zu können. Das machte ihn ungeduldig. In seiner Brust drängte und schrie es nach neuen Nachrichten, aber man ließ ihn in dem kalten und kahlen Flur sitzen und warten. Manchmal gingen beschäftigt wirkende, eilige Menschen an ihm vorbei. Sie hasteten an ihm vorüber. Einige hatten einen kurzen, erstaunten Blick für ihn und nur wenige grüßten ihn flüchtig im vorübergehen. Doch die meisten schienen ihn gar nicht wahrzunehmen. Sie gingen an ihm vorüber wie an einem Gegenstand, der auf einer Bank in einem langen Flur liegen geblieben war, und der erst bemerkt werden würde, wenn sich jemand auf ihn setzte. Es war ein endloses Warten hindurch durch endlos sich verlängernde Stunden. Jede Minute war unermeßlich lange Zeit. Sie wurde zerhackt und verstümmelt von den scharfen Schlägen eines Sekundnzeigers. Sie fügte sich gleich hinter jedem Ticken zur Vergangenheit. Immer nah, und dann weiter zurückgleitend. Gleichwerdend den anderen Stücken und sich zusammenfügend wie ein Puzzle. Ein strukturiertes, aber unscharfes Bild seiner Qual. Warten und immer weiter Warten. Vor ihm nichts und hinter ihm nichts. Jedes Ticken vergrößerte das Bild dessen, was einmal war, ohne Ahnung dessen, was kommen sollte. Jedes Ticken, jeder Schlag vergrößerte auch seine Ungewißheit. Spannung. Schritte. Kamen sie zu ihm oder würden sie wieder, ohne zu zögern an ihm vorüber schreiten. Sie kamen. Und sie gingen. Warten. Sissyphusgleiches Warten. Keine Erinnerung mehr.